WIR Ausgabe 7 Frühjahr 2025 63 Beim Schuhhaus Berg in Trier achten sie bei Neu- anstellungen nicht so sehr auf Abschlüsse und Erfahrung. Was nach Risiko klingt, ist beim Familienunternehmen Tradition. Und es macht sich bezahlt. 1925 waren Lebenswege oft noch eindeutiger. Nach der Schule ging es in die Lehre, danach in den passenden Beruf, irgendwann war dann der Ruhestand angesagt. Auch Peter Berg beschritt damals in der Eifel diesen Weg, er lernte vor dem Einzug in den Krieg Schuhmacher, wurde 1948 Meister und eröffnete 1953 sein erstes eigenes Geschäft, das bis heute eine Institution des Trierer Einzelhandels ist. Wenig überraschend ist die Situation heute eine andere. Quereinsteiger sind in allen Wirt- schaftsbereichen Normalität, längst auch im Han- del. Den Wandel kann man wohl nirgendwo so gut beobachten wie beim Schuhgeschäft Berg und an der Eigentümerfamilie. Jana Berg und ihr Bruder Tim sind die dritte Generation, die Ver- antwortung im Unternehmen übernimmt. Gelernt hat Jana aber ursprünglich etwas anderes, genau wie ihr Bruder Tim und ihre Eltern Josephine und Rudolf Berg. „Bis auf den Opa sind fast alle Quereinsteiger“, erzählt sie. „Gelernt haben wir Bergs erstmal etwas anderes, aber die Liebe zum Unternehmen und die Leidenschaft für die Pro- dukte haben uns schließlich Schritt für Schritt ins Unternehmen geführt.“ Auch der Rest des Berg-Verkaufsteams ist ein bunter Mix, was Kulturen, Ausbildungsberufe und Altersstruktur angeht: eine Gartenbau-Tech- nikerin, eine Bürokauffrau, Studenten der Fach- bereiche Geografie, Pädagogik und Marketing und Schüler. Zum Team gehören auch Einzelhandels- kauffrauen und -männer, die keinerlei Erfahrungen im Bereich Schuhe mitgebracht haben. Diese Viel- falt hat Methode bei Berg. „Weil es oft zeitraubend ist, Personal zu finden, das traditionelle Einzel- handelsfähigkeiten wie Kundenservice und Waren- kunde vereint, gehen wir Neueinstellungen prag- matisch an“, berichtet die Junior-Chefin. Wer sich bewirbt, der erhält auch eine Chance, wenn er menschlich ins Team passt. Berufs- oder Ausbildungserfahrung ist nicht so wichtig. Ent- scheidend ist stattdessen das Probearbeiten, bei dem sowohl die Bewerber als auch das Team herausfinden, ob es passt. „Gemeinsam mit dem Team wird entschieden, wer zu uns passt“, so Jana Berg. Die vielfältige Mitarbeiterschaft bringt Vorteile mit sich. Die tatsächlichen Fachkenntnisse, etwa Marken- und Warenwissen, können die erfahrenen Team- mitglieder den Neulingen dann „on the job“ vermitteln. Inhouse-Schulungen der Markenliefe- ranten und des Deutschen Schuhinstituts sowie selbst zusammengestellte und an interne Bedürf- nisse angepasste Lerninhalte und seit kurzem auch die ANWR-Wissenswelt (siehe auch WIR- Magazin 06/2024) helfen, Wissenslücken zu schlie- ßen. Die vielfältige Mitarbeiterschaft bringt aber auch Vorteile mit sich. Gerade in einer Stadt wie Trier, die im Grenzgebiet liegt, sind zum Beispiel vielseitige Sprachkenntnisse nützlich, auch wegen der vielen Touristen, die aufgrund der weltbe- kannten Sehenswürdigkeiten wie der Porta Nigra kommen. „Gerade mit unseren studentischen Aushilfskräften haben wir immer wieder neue, für uns ungewöhnliche Sprachen im Team vertre- ten, wie Türkisch, Niederländisch, Persisch oder Italienisch. Das freut die Kunden, die diese Spra- chen sprechen, ganz besonders“, so Jana Berg.