Schuhe sind Schuhe, überall auf der Welt, oder? Keinesfalls, Dresscodes und Vorlieben sind überall ein wenig anders. Ein Überblick über die vielfältigen internationalen Schuhgewohnheiten und vermeidbare Fauxpas.
Wenn einer eine Reise tut ... dann gelten spezielle Dresscodes, die Mann und Frau beachten sollten. Wie schafft man es, auf dem internationalen Parkett stets gut und angemessen gekleidet zu sein? Worauf kommt es an? Und warum spielt nicht zuletzt der richtige Schuh eine entscheidende Rolle? Wir haben mit Dr. Claudia Schulz gesprochen, der ANWR-Fashion-Expertin, die nicht nur über die neuesten Trends bestens informiert ist. Durch ihre berufliche Tätigkeit ist sie häufig im Ausland unterwegs und verrät, was dort angesagt ist – und was nicht.
Frau Schulz, wo werden die Trends für die allgemeine Schuhmode gesetzt?
Die Modebranche ist seit geraumer Zeit einem grundlegenden Wandel unterworfen. Mode ist schneller geworden. Trends werden nicht mehr ausschließlich von Designern diktiert. Stattdessen entstehen sie heute viel öfter auf der Straße und durch die sozialen Medien. Hinzu kommt: Die Digitalisierung hat uns fest im Griff. E-Commerce hat nicht nur unsere Konsumgewohnheiten verändert. Auch Herstellung und Vermarktung nutzen in zunehmendem Maße die Chancen der Digitalisierung. Dennoch ist unsere Branche nach wie vor von immenser Kreativität geprägt.
Mir fällt auf, dass junge, aufstrebende Talente (wieder) mehr Spaß an der Schuhfertigung und am Design haben. Sie sorgen für frische Ideen. Die Kreativität ist schier grenzenlos, wie man unter anderem beim HDS/L Junior Award, wo jedes Jahr junge, kreative Designer ausgezeichnet werden, aber auch bei hochkarätigen internationalen Design-Awards sieht. Etwa bei der International Footwear Design Competition im chinesischen Guangzhou, bei der ich auch selbst in der Jury sitze.
Wo findet man Inspiration?
Bei den internationalen Designer-Schauen in Paris, Mailand, New York, London. Aber auch auf der Straße und natürlich auf den Messen. Los geht’s mit den Stoffmessen, zum Beispiel Première Vision in Paris, gefolgt von der für unsere Branche unverzichtbaren Materialmesse Lineapelle in Mailand. Hier werden die neuesten Materialien, Leder und Zubehör für die übernächste Saison gezeigt. Ein Muss für alle Schuh- und Taschen-Designer. Mit neuen Ideen und Materialien im Gepäck machen sich die Schuh-Designer danach an die Erstellung der neuen Kollektionen.
Welches ist Europas Top-Marke bei Frauen und Männern?
Das lässt sich nicht mit einem Satz beantworten. Die eine Marke gibt es nicht. Denn die Modewelt ist ständig im Wandel. Trends kommen und gehen, aber einige Designer-Marken schaffen es, sich immer wieder an die Spitze zu setzen und den Ton anzugeben. Denken wir an Sneaker, sind es im Moment sicherlich Marken wie Nike und Adidas. Ob Stan Smith vor einigen Jahren oder aktuell das Erfolgsmodell Samba: Adidas befeuert die Sneaker-Begeisterung weltweit. Exklusive Kollaborationen mit Luxus-Designern sorgen darüber hinaus für Begehrlichkeiten. Wenn es um Luxus geht, würde ich Marken wie Prada, Miu Miu, Bottega Veneta und aktuell wieder Fendi nennen. Immer auf der Liste der begehrtesten Designer-Labels ist Gucci, aber auch Yves Saint Laurent, Louis Vuitton und Hermès.
Warum sind diese traditionsreichen Luxus-Labels aktuell wieder so angesagt?
Bei Gucci und Miu Miu ist es zum Beispiel die Mischung aus Luxus- und Streetwear-Elementen, die in der Modewelt hervorragend ankommt. Andere Marken wie Louis Vuitton oder Hermès setzen auf Handwerk und Tradition – und natürlich auf Exklusivität. Sie sind für zeitlose Designs und die Verarbeitung hochwertigster Materialien bekannt. Kurios: Eine deutsche Marke, die weltweit angesagt ist, ist Birkenstock. Das ikonische Design und die Lässigkeit der einstigen Öko-Schlappen haben einen bemerkenswerten Aufstieg hingelegt und es selbst auf die Laufstege internationaler Designer-Schauen geschafft. Auch hier haben Kollaborationen mit Luxusmarken für noch mehr Begehrlichkeit gesorgt.
Gibt es unterschiedliche Stilanforderungen in den einzelnen (europäischen) Ländern und welche sind das?
Absolut. Nicht nur, aber vor allem im internationalen Business wird Kleidung zu einer unausgesprochenen Sprache, die eine Menge über die Person erzählt, selbst wenn sie keine Worte hat. Der Begriff „Dresscode“ steht für eine klare Vorgabe, was in Sachen Kleidung gewünscht ist, auch wenn er in den meisten Fällen nicht offiziell festgelegt ist. Er definiert, wie man sich in bestimmten Umgebungen kleiden sollte.
Dresscodes sind aber nicht bloß eine Form derKleidungsvorschrift, sondern auch ein Ausdruckvon Respekt. Sie signalisieren, dass man dieNormen und Werte einer Organisation oder einerbestimmten Situation oder die jeweiligen Gewohnheitendes Landes anerkennen und sichdanach richten sollte. So sollte eine Frau speziellin islamisch oder arabisch geprägten Kulturennicht zu feminin oder gar respektlos gekleidetsein. Faustregel: Je höher man in der Hierarchieangesiedelt ist, desto wichtiger ist der Dresscode.
Noch ein paar Sätze zum Thema Sneaker: Wer kann Sneaker tragen und zu welchen Anlässen? Gibt es da No-Gos?
Im Büro würde ich immer auf einen dezenten Look achten. Aber aktuell gibt es viele Modelle, die im wahrsten Sinne des Wortes gesellschaftsfähig sind. Weiße Sneaker gelten als cool, sie müssen aber gepflegt aussehen. Sprich sauber, damit der cleane Look erhalten bleibt. Sehr geeignet für Männer finde ich aber auch die hybriden Sneaker von typischen Herrenschuhmarken, die eine Mischung aus Straßenschuh und Sneaker
darstellen und dadurch perfekt geeignet sind, um einen klassischen Anzug zu ergänzen. Hier sind es in der Regel dunkle Farben und der Material-Mix, zum Beispiel Nappaleder und Hightech-Materialien, die für interessante Optiken sorgen. Auf allzu bunte Sneaker würde ich im Büro eher verzichten. Der Sneaker fürs Büro ist eher dezenter, cleaner und in der Farbgebung monochrom gehalten. Auch die Sohlen fallen etwas gemäßigter und nicht so voluminös aus. Beim Sneaker für die Freizeit sind der Kreativität und Fantasie keine Grenzen gesetzt: Multicolor, Material-Mix, dicke Sohlen, dünne Sohlen, High Top oder Halbschuh... Frei nach dem Motto: As you like it!
Dresscodes aus aller Welt
Italien:
Die Italiener mögen es edel und geschmackvoll. Eine besondere Herausforderung, denn unser mitunter eher „praktisch“ ausgerichteter Kleidungsstil hat im modebewussten Italien generell einen schlechten Ruf. Männer, die modisch etwas gelten möchten, sollten auf Folgendes achten: Anzüge aus der Vorsaison sind ein No-Go! Gleiches gilt bei Business-Accessoires: Man sollte lieber auf klassische Manschettenknöpfe und hochwertige Markenuhren setzen anstatt auf experimentelle Extras. Schuhe: lieber elegant als zu sportlich! Wichtig sind zudem Socken, sie sollten bis zur Wade gehen. Oder man verzichtet ganz auf sie. Etwas dazwischen gibt’s nicht. Damen dürfen Schuhe mit höheren Absätzen tragen. Feminine Looks, vor allem auch Röcke und Kleider, sind in Italien gern gesehen. Wichtig: Behalten Sie bei privaten Einladungen Ihre Schuhe an. Der Gast ist König und das darf man in Italien gerne so hinnehmen. Extra-Tipp: Im Restaurant niemals die Handtasche auf den Fußboden stellen. Das bringt Unglück. Der Kellner bringt in guten Restaurants häufig ein kleines Bänkchen – oder die Tasche kommt auf einen Stuhl in unmittelbarer Nähe.
China:
Vor allem für Frauen gelten im Business strenge Regeln. Halsausschnitt und Spaghettiträger sind absolut tabu. Besser gedeckte Farben und hochgeschlossene Schnitte wählen. Nicht zu viel Schmuck oder Luxus-Uhren. In Zeiten von rigorosen Antikorruptionskampagnen kommt man zumindest offiziell eher bescheiden daher. Extra-Tipp: Zeigen Sie nicht mit der Schuhsohle auf andere Menschen. Das ist sehr unhöflich!
Arabische Länder:
Noch strenger als in China geht es in den arabischen Ländern in Sachen Dresscode zu. Von Frauen wird verlangt, dass sie auch als Gast aus dem europäischen Raum ein Kopftuch tragen. Bei zu femininer Kleidung besteht das Risiko, nicht ernst genommen zu werden. Männer sollten am besten im schwarzen oder dunkelgrauen Anzug und einem weißen oder hellblauen Hemd zum Meeting kommen. Extra-Tipp: Kurze, knappsitzende Sakkos und schmal geschnittene Hosen mögen hierzulande zwar in Mode sein. In arabischen Ländern sind sie schlichtweg unpraktisch. Einerseits aufgrund der Hitze, andererseits sitzt man in diesen Ländern oft sehr niedrig oder auf dem Boden. Enge Kleidung ist in diesem Fall unvorteilhaft.
England:
In England liebt man es klassisch. Dort darf eine Frau bei der Wahl ihrer Kleidung durchaus feminin erscheinen, weshalb ein Kostüm oder Business-Kleid möglicherweise dem Hosenanzug sogar vorzuziehen ist. Tabu sind offene Schuhe sowie Röcke und Kleider ohne Strumpfhosen. Generell gilt: Nicht zu viel Haut zeigen und Schmuck nur dezent einsetzen.
Indien:
Man sollte sich in Indien eher konservativ kleiden, auf keinen Fall zu leger. Auch bei Schuhen gilt es, eine gewisse Formalität zu beachten. Interessant: Manche indischen Geschäftsleute stören sich daran, wenn man als europäische Frau in einem Sari erscheint. Dafür darf es aber bei der Wahl der Kleidung durchaus bunter zugehen. Allzu gedeckte Farben wirken auf Inder zu konservativ.