Stationärer Überzeugungstäter

Im Kampf für attraktive Innenstädte sind Metropolen auf engagierte Bürger angewiesen. So wie den Bochumer Schuhhändler Frank Beckmann.

Man kann nicht behaupten, dass Frank Beckmann zu wenig zu tun hätte.

Im Jahr 1998 übernahm er von seinen Eltern die Verantwortung für das Bochumer Schuhhaus Lötte, im Jahr 2009 kam eine zweite Niederlassung dazu. Zwei Fachgeschäfte in der zentral gelegenen Bongardstraße sind eigentlich schon herausfordernd genug. Trotzdem engagiert sich der 50-Jährige ehrenamtlich in einem weiteren, nicht minder zeitaufwendigen Projekt: der Werbegemeinschaft Bochumer Originale: „Der Standort ist eine essenzielle Aufgabe für jeden Händler“, sagt Beckmann, „und bei aller Heimatverbundenheit geht es um das wirtschaftliche Überleben.“ Es begann im Jahr 2001 mit der Werbegemeinschaft Bongard Boulevard. Damals wollte die Stadt die zentral gelegene Bongardstraße gestalten und mehr Besucher anlocken. Viele Händler engagierten sich gemeinsam mit Frank Beckmann dafür.

Gemeinsame Akzente

2014 gewann er Mitstreiter für die neue Initiative der Bochumer Originale. Etwa 20 Einzelhändler schlossen sich zu der Gemeinschaft zusammen. Alle waren inhabergeführt und teilten den Anspruch an die Qualität ihrer Produkte sowie den Service für die Kunden. Darunter waren Schuh-, Blumen- und Weinhändler, Geschäfte für Textilien- und Wohnaccessoires, Spielzeug- und Schmuckläden. „Bei allem, was wir tun, möchten wir die Vielfalt des Handels mit seiner breiten Palette darstellen“, sagt Beckmann. Das werde aber immer schwieriger, weil viele Spezialisten vom Markt verschwinden. Deshalb wollte die Werbegemeinschaft Akzente in der Stadt setzen. Seitdem hat sie zahlreiche besondere Veranstaltungen organisiert, darunter gemeinsame Pop-Up-Stores oder Weihnachtsausstellungen. „Bochum grillt“ ließ lokale Promis wie die Schauspieler Joachim Luger und Uwe Fellensiek für einen guten Zweck Steaks und Würste zubereiten, die Schirmherrschaft übernahm der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert. Beim „Gangwechsel“ wurde ein 5-GangMenü in fünf Geschäften serviert – zu jedem Gang ein Wechsel. „Wir haben viel auf die Beine gestellt“, sagt Beckmann, „auch wenn wir aktuell wieder an den Schwung von Vor-Corona anknüpfen müssen.“

Die Bochumer Originale haben auch ihre stationäre Stärke in die Onlinewelt gebracht. Die passende technische Infrastruktur liefert der Plattformanbieter Atalanda. In einem virtuellen Kaufhaus der Bochumer Originale gibt es nicht nur einen Überblick über die teilnehmenden Geschäfte. Atalanda-Geschäftsführer Roman Heimbold sieht in seiner digitalen Unterstützung eine große Chance für den stationären Handel. „Die vielbeschworene Customer Journey beginnen wir online und sie endet optimalerweise im Geschäft.“ Die Plattform der Bochumer Originale war auch Vorreiter für den Online-Marktplatz „Wir sind Bochum“, den die Originale gemeinsam mit Atalanda und dem kommunalen Marketing aufgebaut haben.

Anna Miethe ist auf Seiten der Stadt verantwortlich für den Online-Marktplatz. Sie wünscht sich, dass der Einzelhandel die Innenstadt als dritten Ort versteht, an dem die Bürger neben ihrem Zuhause und dem Arbeitsplatz Zeit verbringen wollen. Trotzdem sieht sie noch Nachholbedarf bei der Digitalisierung: „Der Handel wird vermehrt auf Multichannel-Lösungen setzen müssen.“ Immerhin hat sie mit Frank Beckmann und den Bochumer Originalen engagierte Mitstreiter.

Text: Jenny Bleilefens
Foto: Volker Wiciok